Jugendliche bringen die Neustadt zum Funkeln

Flensborg Avis vom 05.12.2019

»Wir sind ein bisschen so etwas wie die Heinzelmännchen der Stadt. Man sieht uns selten, aber wir sind eigentlich dauernd unterwegs«, lacht Kurt Juhl vom Jugend-Arbeitsförderungsprojekt Zapp, das gemeinsam von der Jugendberufshilfe und der Beschäftigungsgesellschaft bequa initiiert wird. Vor allem sieht man, wo Juhl und seine Jugendlichen überall unterwegs gewesen sind. Zuletzt brachten sie die Neustadt zum Leuchten, indem sie die festliche Weihnachtsbeleuchtung für den Verein Flensburger Norden zwischen Phänomenta und Harrisleer Straße aufhängen.

Die Mitarbeiter von Zapp arbeiten seit vielen Jahren mit Jugendlichen zwischen 16 und 25 Jahren, die Unterstützung brauchen. Gemeinsam realisieren sie verschiedene Projekte, bauen Pflanzenkübel für »Urban Gardening«-Initiativen in der ganzen Stadt, so sollen die Jugendlichen wieder an Strukturen gewöhnt werden und Spaß am gestalten finden. »Die Jugendlichen bekommen bei uns eine Perspektive, ein Sprungbrett für ihre Zukunft. Hier können sie gucken, ob sie wieder zur Schule gehen, ob sie arbeiten oder einfach gar nichts machen wollen«, erklärt Juhl. Viele von ihnen kommen selbst auf sie zu oder werden von ihren Eltern animiert. Andere werden gezielt angesprochen, denn ein großen Teil ihrer Zeit verbringen die Projekt-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit aufsuchender Arbeit auf der Straße.

»Es gibt einfach viele Jugendliche in der Stadt, die nicht sichtbar sind. Sie sind einfach im Schatten. Hier entwickeln sie plötzlich eine ganz neue Begeisterung und Energie«, so der Pädagoge.

Das Projekt findet unter dem Schirm der Beratungsstelle Jugend Stärken statt, wobei es bei Zapp um den Gruppenkontext gehe und man sich in der Beratungsstelle eher auf Einzelcoaching von Jugendlichen konzentriert.

Das erste Ziel sei meist, dass die Teilnehmer ihren Schulabschluss nachholen. Doch nicht für alle sei das die richtige Lösung. »Bei manchen dauert es sehr lange, sie werden älter und haben irgendwann partout keine Lust mehr zur Schule zu gehen. Die suchen dann ohne einen Abschluss einen Job. Auch das gibt es«, erklärt Juhl. Hier den richtigen Weg zu finden, erfordert Fingerspitzengefühl.

»Unsere Arbeit ist zu einem großen Teil Beziehungsarbeit, wir müssen erstmal Vertrauen aufbauen. Erst wenn das gelingt, besteht die Chance auf eine vernünftige Anschlussperspektive. Die Jugendlichen müssen es selbst wollen, ihre Motivation muss von innen kommen, nicht von extern «, sagt er. Das gelänge nicht bei jedem, trotzdem sei es wichtig, es zu versuchen. »Wir können nicht jeden retten, aber keiner darf verloren gehen. Das ist zwar irgendwie ein typischer Postkartenspruch, aber er stimmt. Denn so arbeiten wir. Die Jugendlichen arbeiten bei uns alle ehrenamtlich. Sie bekommen kein Geld, aber sie werden gehört. Hier nimmt man sie ernst«, erzählt er.

Ein weiteres, besonderes Projekt neben Zapp unter der gleichen Federführung ist Mosaik, das sich gezielt an Mädchen und junge Frauen mit Migrations- und Fluchthintergrund richtet. Hier brauche es oft noch Überzeugungsarbeit, um die Frauen von der Teilnahme zu überzeugen. »Erst einmal braucht es neben der eigenen Bereitschaft auch die Bereitschaft der Eltern. Wenn die Mädchen dann erstmal draußen sind, geht es um die Frage: Was mache ich denn jetzt mit meinem Leben?«, erklärt Juhl. Geleitet wird Mosaik von seiner Kollegin Annica Soetbeer, die versucht, die Frauen sowohl auf die Herausforderungen des Alltags vorzubereiten, als ihnen auch eine Anschlussperspektive zu bieten. »Zum einen geht es um die allgemeine Freizeit, zum anderen muss eine berufliche Zukunftsstrategie entwickelt werden. Die Frauen lernen Flensburg ganz neu als ihre Heimat kennen und müssen meist erst noch herausfinden, was alles in Deutschland, in diesem Fall in Flensburg, möglich ist«, erklärt Juhl.